Ein festes Dach über dem Kopf haben – für viele Menschen ist das leider ganz und gar nicht selbstverständlich. Allein in Deutschland waren laut der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe im Jahre 2016 schätzungsweise 52.000 Menschen obdachlos und lebten dauerhaft auf der Straße, Tendenz rapide steigend.
Trotz dieser großen Zahl sind die meisten dieser Menschen für die Gesellschaft unsichtbar. Es wird absichtlich über sie hinweggeblickt, weil man sie nicht sehen möchte. Eine junge Frau aus Großbritannien hat jedoch hingeschaut. Und damit ein Leben verändert.
Die 16-jährige Charlotte Howard eilt durch die Straßen ihrer britischen Heimat Hastings, um ihren Bus zu erwischen. Doch auf dem Weg zur Haltestelle fällt ihr etwas ins Auge, das sie innehalten lässt. Ein kleines schwarzes Zelt steht auf der Straße, daneben ist ein Zettel an die Wand geheftet.
Was der Teenager darauf liest, lässt ihm die Tränen in die Augen steigen:
„Arbeit gesucht!
Ich werde umsonst zur Probe arbeiten, um zu zeigen, wie hart ich arbeiten kann. Ich nehme keine Drogen und trinke nicht. Ich kann: mit Hunden Gassi gehen, Fenster putzen, gärtnern, kochen … Alles, um etwas zu verdienen und das Leben lebenswert zu machen.
Helft dabei, ein Leben zu verändern.“
Die Schülerin schießt ein Foto von dem Zettel und beschließt, das Jobgesuch auf Facebook zu teilen. „Ich habe das Zelt und die Nachricht gesehen und es hat mir das Herz gebrochen“, so die junge Frau. „Ich habe den Zettel wegen des letzten Satzes geteilt: ‚Helft dabei, ein Leben zu verändern.‘ Ich wollte, dass die Menschen darauf aufmerksam werden.“
Verfasser der dringlichen Bitte ist Anthony Johnson. Der 37-Jährige ist seit 9 Jahren obdachlos. „Ich wollte mit meinem früheren Leben abschließen – ich habe nur unter Drogensüchtigen und Kriminellen verkehrt“, erklärt er. „Einen Job zu haben, bedeutet, etwas zu tun zu haben und nicht nur auf einer Parkbank zu verrotten. Es geht darum, etwas in seinem Leben zu haben.“
Und das soll schneller passieren, als er denkt! Nelson Smith (rechts im Bild) ist einer der Menschen, die Charlottes Aufruf auf Facebook gelesen haben. Der Landschaftsgärtner beschließt sofort, Anthony einen Job in seinem Unternehmen anzubieten. „Ich hatte in den letzten Jahren psychische Probleme und in diesem Zettel habe ich jemanden erkannt, der versucht, sich selbst zu helfen“, erzählt Nelson.
Als Anthony erfährt, dass er tatsächlich eine Arbeit als Gärtner gefunden hat, kann er sein Glück nicht fassen. Er ist nicht nur Nelson unheimlich dankbar, sondern auch Schülerin Charlotte, die den Stein ins Rollen gebracht hat. Aber das ist noch nicht alles: Per Spendenaufruf sammelt die 16-Jährige über 2.300 britische Pfund (ca. 2.700 Euro), um für Anthony einen Wohnwagen zu kaufen, den er gegen sein Zelt eintauschen kann. Der Brite darf zudem auch auf dem Campingplatz arbeiten, um dort die Standgebühr zahlen zu können.
„Er konnte nicht aufhören zu lächeln, als ich ihm von dem Wohnwagen erzählt habe“, freut sich Charlotte. „Er war unfassbar glücklich und ein wenig überwältigt von allem.“
„Sie ist unglaublich“, schwärmt der 37-Jährige. „Es ist nicht so, dass ich nicht schon öfters nach Hilfe gefragt hätte, aber es hat ein gutherziges Mädchen wie Charlotte gebraucht, um etwas zu bewegen. Wenn ich jedem, der etwas gespendet hat, einen Dankesbrief schreiben könnte, würde ich es tun. Danke, dass ihr mir dabei geholfen habt, mein Leben zu ändern, und danke dafür, dass ihr meine Situation verstanden habt.“
Für Anthony beginnt nun ein neuer Lebensabschnitt. Was er dafür gebraucht hat, war ein wenig Starthilfe, um wieder auf eigenen Beinen stehen zu können. Und schlichtweg Menschen wie Charlotte und Nelson, die nicht einfach nur wegsehen.